Tagungsbericht

Am 16. und 17.November 2018 fand das 7. Dresdner Medizinrechtssymposium im Festsaal der Sächsischen Landesärztekammer statt.

 

Unter dem Motto "Fit für den Wandel?! - analoge Therapien und digitale Zukunft" diskutierten in diesem Jahr ca. 150 Teilnehmer und interdisziplinäre Referenten die aktuellen Themen aus dem Gesundheitswesen. Hierbei galt wie jedes Jahr "Wissenschaft trifft Praxis".

 

Das 8. Dresdner Medizinrechtssymposium wird am 22. und 23.11.2019 in den Räumlichkeiten der Sächsischen Landesärztekammer stattfinden.

Gleich zu Beginn sensibilisierte Fr. Dr. Anja Bittner mit ihrem Impulsreferat "Der Arztberuf im Wandel" durch einige Beispiele die Teilnehmer welche Möglichkeiten eine Digitalisierung im Gesundheitswesen (Stichwort: Health-Apps) schon heute bietet. Gleichwohl illustrierte sie anhand eines kurzen Versuch, dass die Bedeutung derartiger Digitalisierung im ärztlichen beruflichen Umfeld eher gering ist.

Im zweiten Panel wurden juristische Leit- und Streitbegriffe diskutiert. Prof. Dr. med. Martin Hansis erörterte mittels vieler Beispiele aus der Praxis sowie der Medizingeschichte, wie sich der "medizinische Standard" im einzelnen Entwickelt. Mit Blick auf die Bedeutung ärztlicher Gutachten im gerichtlichen Verfahren wies er auf das Risiko bei (Fehl-)Beurteilung gutachterlicher Stellungnahmen hin, wenn sich diese im Ergebnis als lediglich "Eminenzbasiert" darstellen.

Prof. Dr. med. Fantini bemerkte aus wissenschaftlich-medizinischer Perspektive zum Thema "vollbeherrschbares Risiko", dass dieser durch die Rechtsprechung geprägte Begriff in sich widersprüchlich ist, da ein "Risiko" welches vollbeherrschbar ist, kein Risiko im Sinne einer Unwägbarkeit mehr ist. Die Terminologie ist zumindest missverständlich und bedarf daher der steten richterlichen Klärung. Prof. Dr. med. Hansis wies ergänzend darauf hin, dass die "vollbeherrschbare Komponente des Risikos eines ärztlichen Eingriffs" die exaktere Terminologie ist.

Frau Dr. med. Doreen Richardt erläuterte die gesetzlichen Regelungen zum Thema "off-label-use von Medizinprodukten" und hob hervor, dass es anders als bei Arzneimitteln grundsätzlich keiner behördlichen Zulassung bedarf. Anhand des eindringlichen Beispiels der Implantation eines Linksherzunterstützungssystem (LVAD) stellte sie u.a. Haftungsprobleme aber auch Abrechnungsprobleme dar.

Das dritte Panel befasste sich mit dem Themenkomplex der MDK-Qualitätskontroll-Richtlinie auch wenn diese entgegen der Erwartungen noch nicht in Kraft ist.

Dr. med. Andreas Krokotsch vom MDK Nord stellte die Prüfproblematik aus Gutachtersicht dar und Fr. Dr. med. Dagmar Haase illustrierte die in der Regel fristgebundenen Abläufe von MDK-Prüfverfahren in der Praxis von Krankenhäusern.

RA Daniel Brüchle erläuterte die rechtlichen Rahmenbedingungen und wies auf einzelne - bisher ungeklärte - rechtliche Problemstellen hin.

In einem Exkurs beschrieb er die Auswirkungen des "BSG-Folgenminderungspaket", wie er die aktuelle Gesetzgebung zum Pflegepersonal-stärkungsgesetz nannte. Im Rahmen einer Huckepack-Gesetzgebung wurden u.a. auch § 109 Abs. 5 SGB V sowie § 325 SGB V neu gefasst und hierbei die Verjährung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser zum Teil rückwirkend neu geregelt. Durch eine sehr kurze Ausschlussfrist bis zum 09.11.2018 für die Krankenkassen führte dies (auch in Zusammenhang mit der Rechtsprechung des BSG s.u.) zu einer noch nie da gewesenen Flut verjährungshemmender Klagen durch die GKV.

[Anm. Redaktion] Allein in Rheinland-Pfalz sollen 50.000 (Sammel-)klagen kurzfristig anhängig gemacht worden sein.

Im vierten Panel "MVZ auf dem Vormarsch" gaben Dr. med. Ronald Zabel und Dirk Köcher interessante Einblicke in ihre berufliche Praxis und den Herausforderungen und Lösungsansätzen bei der Gründung bzw. den Betrieb eines MVZ. Dr. iur. Peter Hinz gab zu bedenken, dass aufgrund der durchschnittlichen Altersstruktur im niedergelassenen Bereich (Baden-Württemberg: Hausärzte 56,0 und Fachärzte 53,9) man zur Sicherung der Versorgung um MVZ nicht herum kommen wird, auch wenn hierdurch der ohnehin anhaltende Trend angestellter Ärzte noch verschärft wird und dies der Bereitschaft von Jungärzten zum Sprung in die Selbständigkeit nicht zuträglich ist.

Im fünften Panel wurden Arbeits- und Gesellschaftsrechtliche Themenstellungen für Mediziner sehr umfassend und detailliert durch RA Christian Rotfuss und RA Dr. Michael Haas erörtert. Hier wurden inhaltlich fundierte, rechtsgebietsübergreifende und dennoch leicht verständliche juristische Proseminare - im besten Sinne des Wortes - geboten. 

 

Am Abend fand vor dem Get Together erstmalig das neue Format einer Posterpräsentation statt. Hier haben die Absolventen der Masterstudiengänge der Dresden International University die Gelegenheit genutzt die Ergebnisse ihrer Masterarbeiten einem breiteren und interessierten Publikum zu präsentieren.

Am Samstag begann das Symposium mit dem Panel "Kommentierte aktuelle medizinrechtliche Rechtsprechung" neben Prof. Dr. iur. Adrian Schmidt-Recla, Prof. Dr. iur. Rudiger Kern und Rechtsanwalt Prof. Dr. iur. Martin Rehborn nutzte Dr. iur Martin Estelmann, Richter am 1. Senat des BSG die Gelegenheit die hoch umstrittenen aktuellen Entscheidungen (B 1 KR 38/17 R und 39/17 R) zu den Strukturvoraussetzung "Transportzeit" des OPS 8-981 und 8-98b (neurologische Komplexbehandlung) zu erläutern.

Diese Entscheidung ist deshalb so umstritten, da einerseits rein faktisch die Erbringung dieser Leistung am Schlaganfallpatienten für die meisten Krankenhäuser nicht mehr abrechenbar sein wird und andererseits - und weit schwerwiegender -  dies zu einer teilweise liquiditätsbedrohende Verrechnungswelle seitens der Krankenkassen geführt hat, weil die richterliche Entscheidung nur die geltende Gesetzeslage sozusagen deklaratorisch wiedergibt und somit noch nicht verjährte Ansprüche (4 Jahre) nunmehr von den Kassen zu Lasten der Krankenhäuser verrechnet wurden.

Bei diesem Vortrag ging ein Rumoren durch den Saal und einige Wortmeldungen ließen deutlich ihren Unmut sowie ihr Unverständnis über diese Entscheidungen des BSG erkennen.

Im nächsten Panel wurde ein weiteres Reizthema - die Datenschutzgrundverordnung - von Rechtsanwalt Prof. Dr. iur. Hans-Hermann Dirksen erklärt. Mit vielen Tipps und Tricks gelang es ihm dieses sperrige und häufig unbeliebte Thema dem Publikum näher zu bringen und bei dem einen oder anderen Einsicht bzw. Handlungsbedarf zu erzeugen.

Zum Ende des Symposiums wurden die "digitalen" Themen besprochen: Welchen Wandel bringt Medizin 4.0, Telemedizin und Big Data. Frank Stratmann, Pressesprecher des Bundesverbandes Internetmedizin e.V. gab eine erfrischen Einstieg in die Thematik, indem er einen Perspektivwechsel auf die Seite der Gesundheits-Konsumenten vollzog und deren Erwartungshaltung nachvollziehbar illustrierte, um hierdurch Handlungseinsicht zu entwickeln.
Prof. Dr. iur. Rudiger Kern verwies darauf, dass "Dr. Google" wie eh und je an der Aufklärungspflicht grundsätzlich nichts ändert.

Im Telemedizin-Panel hat Dr. iur Alexander Grunder die berufsrechtlichen Rahmenbedingen vorgestellt und Prof. Dr. Hahn zu den weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen flankierender Regelungen (AMG, Vertragsarztrecht) vorgetragen. Zum Ende gelang es Dr. Fruzsina Molnár-Gábor einen spannenden Einblick in die Bedeutung von Big Data am Beispiel von Biodatenbanken zu geben.

 

Das Dresdner Medizinrechtssymposium ist eine Fortbildungsveranstaltung im berufsrechtlichen Sinn. Die Veranstaltung erfüllt die Voraussetzungen nach § 15 FAO im Rahmen eines Fortbildungsseminars im Umfang von 15 Zeitstunden. Die Sächsische Landesärztekammer vergibt für das Symposium die entsprechenden Fortbildungspunkte für Ärzte. Das Programm und alle weiteren Infos zum nächsten Symposium werden zum Ende des ersten Quartals 2019 veröffentlicht. Die Veranstalter nehmen gerne Themen- und Referentenvorschläge entgegen.

 

(c) Text und Fotos: Steffen Mähliß

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